Emmi Pikler

Emmi Pikler war eine ungarische Kinderärztin, die im 20. Jahrhundert neue Wege in der Kleinkindpädagogik ging. Sie wurde im Jahre 1902 in Wien geboren. Nach dem Studium der Medizin arbeitete sie als Kinderärztin in ihrer eigenen Privatpraxis in Budapest. Schon ihr gesamtes Leben lang lag ihr besonderes Interesse darin Eltern dahingehend zu unterstützen, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sich ihre Kinder körperlich und geistig gesund weiterentwickeln können.

Nach dem Ende der beiden Weltkriege gründete Emmi Pikler im Jahre 1946 ein Säuglingsheim in Budapest, welches sie auch persönlich bis zum Jahr 1979 leitete. Durch diese Tätigkeit konnte sie ihr bestehendes Wissen und ihre persönlichen Erfahrungen vertiefen und zielgerichtete wissenschaftliche Forschungen betreiben. Die Pikler Pädagogik besteht bezüglich ihrer

Grundprinzipien aus drei Säulen:
Die freie Bewegungsentwicklung
Das freie Spiel
Die beziehungsvolle Pflege

Die im Säuglingsheim untergebrachten, oftmals unter schwierigen Bedingungen aufwachsenden traumatisierten Babys und Kleinkinder konnten dank des achtsamen Umgangs und den guten Bedingungen ohne Hospitalismus gesund heranwachsen. Das Pikler Institut entwickelte sich im Laufe der folgenden Jahre unter der Leitung Emmi Piklers zu einer international angesehenen Einrichtung. Im Jahre 1984 verstarb Emmi Pikler. Nach ihrem Tod leitete ihre Tochter Anna das Institut und führte die Forschungsarbeiten von Emmi Pikler fort. Das Heim wurde schließlich im Jahre 2011 geschlossen, und wird heute als Pikler-Krippe geführt. Auch heute noch genießt das Pikler-Institut Budapest großes Interesse und Andrang auf seinen zahlreichen internationalen Fortbildungen.

Freie Bewegungsentwicklung

Gesunde junge Kinder benötigen keine Anregung und Unterstützung eines Erwachsenen um von der Ausgangsposition (Liegen auf dem Rücken), über viele verschiedene Zwischenpositionen und – bewegungen, schließlich in die stehende Position und in weiterer Folge zum eigenständigen Gehen zu gelangen. Kinder die sich frei, also ohne Eingreifen erwachsener Personen, vom Liegen bis zum Gehen entwickeln dürfen, bekommen ein besseres Gefühl für ihren Körper, ihre körperlichen Grenzen und ihr individuelles Bedürfnis an Aktivität und Ruhe. Ihre Bewegungen sind sicherer, sie sind beweglich und können sich immer aus noch anstrengenden oder ungeübten Positionen wieder in eine für die vertraute und angenehme Ruheposition zurückbringen (zum Beispiel vom neu erlernten Sitzen zurück zum Liegen). Durch die freie Bewegungsentwicklung lernen die Kinder sich selbst gut einzuschätzen und Unfälle können hierdurch deutlich reduziert werden. Das Kind entwickelt ein natürliches Körpergefühl und Selbstbewusstsein.

Freies Spiel

Das freie, selbst initiierte Spiel ist die beste Möglichkeit für das Kind, die Gesetze der Welt zu erfassen und mit sich selbst in Beziehung zu bringen. Außerdem ermöglicht das freie Spiel dem Kind, sich selbst zu regulieren. Während des freien Spiels werden keine „Erwartungen“ an das Kind gestellt, es wird bei seinen Tätigkeiten nicht korrigiert und es gibt kein Ziel, welches das Kind erreichen soll. Das Kind kann vollumfänglich seinem Interesse und seinem inneren Rhythmus nachgehen. Hierfür wird dem Kind offenes Spielmaterial angeboten. Es handelt sich dabei um sehr einfaches Material wie z.B. Bälle, Tücher, Körbe, Schaufeln, Schüssel, Becher etc. Das offene Spielmaterial eröffnet eine Vielzahl an Verwendungsmöglichkeiten. Es ermöglicht den Kindern spielerisch Materialeigenschaften zu entdecken, einfache physikalische Gesetze zu erkunden und motorische Geschicklichkeit und räumliches Vorstellungsvermögen zu entwickeln. Der Fantasie der Kinder sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Beziehungsvolle Pflege

Die achtsame Pflege hat in der Pikler Pädagogik eine zentrale Bedeutung. Zur achtsamen Pflege gehört die Achtung des Menschen und seiner Bedürfnisse ab dem Tag seiner Geburt. Jeder Säugling wird als vollwertiger Menschen wahrgenommen und verbal auf alles, was auf ihn zukommt vorbereitet. Wenn die Bezugsperson während der Pflege mit ihrer ungeteilten Aufmerksamkeit beim Kind sein kann und dabei keine Ablenkungen oder andere Störungen erfolgen, so stellt diese exklusive Zeit für das Kind ein „emotionales Auftanken“ dar. Hierdurch wird das Kind für neue Spiel- undBewegungserfahrungen gestärkt und vorbereitet. Während der Pflege entdeckt das Kind seine Persönlichkeit und seine Wirksamkeit auf andere Menschen.